Ein wegweisendes Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau hat die Position von Kleingärtnern gestärkt, die Solarmodule zur Stromerzeugung auf ihren Gartenlauben installieren möchten. Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und der unterlegene Kleingartenverein Berufung einlegen kann, wird die Entscheidung von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) als bedeutender Fortschritt für die Energiewende angesehen.
Die Richter haben in ihrer Entscheidung deutlich festgestellt, dass Kleingartenvereine den Betrieb von Steckersolaranlagen nicht ohne stichhaltige Begründung untersagen dürfen. Das öffentliche Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energiequellen wiegt nach Ansicht des Gerichts schwerer als unveränderliche Vereinssatzungen.
Hintergrund des Rechtsstreits
Wie Medienberichten zu entnehmen ist, hatte eine Familie aus Wittenberg in Sachsen-Anhalt ein Steckersolargerät auf dem Dach ihrer Kleingartenlaube montiert. Die Anlage sollte Strom für verschiedene Geräte wie Rasenmäher, Kühlschrank und Beleuchtung erzeugen. Andere Pächter folgten diesem Beispiel und installierten ebenfalls Solarmodule.
Die Vereinsleitung forderte daraufhin alle Mitglieder auf, die Solarmodule wieder zu entfernen – eine Forderung, die das Landgericht nun als unrechtmäßig eingestuft hat.
Reaktionen auf das Urteil
Sebastian Lange, Rechtsanwalt der Projektkanzlei, der die Kleingärtner vertrat, betonte laut DUH: "Das Gericht hat klargemacht, dass Vereinsrecht keine Legitimation für Blockaden beim Klimaschutz darstellt." Er erläuterte weiter, dass die Autonomie der Vereinssatzung dort ende, wo verfassungsrechtlich geschützte Ziele wie der Ausbau erneuerbarer Energien betroffen seien.
Daher sei ein pauschales Verbot von Steckersolaranlagen rechtswidrig. Auch Kleingärtner hätten das Recht, ihre Dachflächen und Gärten im Rahmen der geltenden Vorschriften für den Klimaschutz zu nutzen.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, kommentierte, dass Vereine nicht länger mit starren Vorschriften verhindern könnten, dass Kleingärtnerinnen und Kleingärtner Solarenergie nutzen. Das Interesse an erneuerbaren Energien sei heutzutage so ausgeprägt wie nie zuvor, und es sei wichtig, die Bevölkerung in die Energiewende einzubeziehen.
Wer auf veralteten Satzungsparagraphen beharre, handle an der aktuellen Realität vorbei. Steckersolargeräte seien Teil der Zukunft – auch im Kleingarten. Sie fordere eine bundesweite Gesetzgebung durch die neue Bundesregierung, die solche Verfahren überflüssig mache, so Metz.
Diskussionspunkte in der Praxis
In der Praxis werfen Steckersolaranlagen in Kleingartenanlagen verschiedene technische und abrechnungstechnische Fragen auf. Einige Fachmeinungen weisen darauf hin, dass bei gemeinschaftlicher Stromversorgung mit nur einem Hauptzähler Herausforderungen bei der internen Abrechnung entstehen können.
Zudem wird auf die grundlegende Frage hingewiesen, ob die vorhandene Elektroinstallation in Kleingartenanlagen für die zusätzliche Belastung ausgelegt ist und ob alle erforderlichen Anmeldungen vorliegen.
Andere Stimmen betonen den Grundsatz, dass Kleingärten traditionell nicht für dauerhafte Wohnnutzung vorgesehen sind – ein Prinzip, das durch umfangreiche Elektrifizierung möglicherweise untergraben werden könnte.